In diesem Beitrag wende ich mich hauptsächlich an meine Mit-Frauen. Es ist mir aber auch ein großes Anliegen, dass Männer ihn lesen, um Frauen und ihre sexuellen Bedürfnisse besser zu verstehen und sie unterstützen zu können, wenn es Probleme gibt. Danke liebe Männer!
Manches hättest Du Dir besser erspart…
Nicht immer haben wir beim Sex nur gute Erfahrungen gemacht. Viel mehr Frauen als wir denken haben tatsächlich sexuelle Gewalt erfahren. Aber auch wenn dir das nicht passiert ist, hat es vermutlich Erlebnisse gegeben, die du dir besser erspart hättest. Viel zu schnelles Eindringen, bevor du noch richtig bereit warst, unsensibles Gerammel oder liebloser Gefälligkeitssex, bei dem du dich nicht richtig öffnen konntest, hinterlassen ihre Spuren in der Vagina.
Der erste Effekt eines solchen „Trainings“ ist, dass die Vagina „abgehärtet“ wird. Die Sensibilität geht verloren, sie spürt dann nur mehr einen Bruchteil dessen, wozu sie eigentlich fähig wäre. Dadurch wird sportlicher Sex leichter aushaltbar, aber leider bleiben auch die lustvollen Wonnen aus, weil sich die Vagina quasi eine Hornhaut zugelegt hat.
Wenn sich das vaginale Gewebe im Laufe der Jahre immer mehr verhärtet und die Beckenboden Muskeln massive Verspannungen aufweisen, dann treten auch beim Sex Schmerzen auf. Immer wenn der Penis gegen einen verspannten Muskel stößt, tut es weh. Es ist auszuhalten, da die Taubheitsschwelle sowieso schon hoch ist, aber es macht auch nicht mehr wirklich Spaß.
Was tun wir bei Verspannungen in Schulter und Nacken? Richtig. Wir gehen zur Massage, damit das Gewebe wieder locker und gut durchblutet wird.
Was tun wir bei Verspannungen in der Vagina und im Beckenboden? Richtig: Nichts. Wir machen einfach immer weiter wie bisher, kompensieren die unangenehmen Empfindungen durch große Aktivität im Bett oder verlieren immer mehr die Lust, bis sich der Sex irgendwann ganz aus unserem Leben zurückgezogen hat.
Wie schade.
Was viele nicht wissen: Die Ursache der Beschwerden kann, wie so oft, auch der Schlüssel zur Heilung sein. Sex kann hart und schmerzhaft oder zutiefst heilsam sein. Du hast die Wahl.
Die Vagina wird leichter verletzt, weil sie ein weiches, aufnehmendes Organ ist. Außerdem haben viele Frauen auch bei der Geburt Narben davongetragen, die das Lustempfinden herabsetzen können. Aber es wäre falsch zu glauben, dass nicht auch die männlichen Geschlechtsorgane verletzt und verhärtet sein könnten. Auch Jungen werden Opfer sexueller Gewalt, auch Männer haben harten, lieblosen Sex und nur wenige pflegen einen achtsamen, entspannten Umgang mit ihrem Penis, zum Beispiel beim Masturbieren.
Die gute Nachricht ist: auch sehr „verschreckte“ Liebesorgane können wieder intensive Gefühle erleben, wenn wir beginnen, anders mit ihnen umzugehen. Ein guter Anfang ist, sich Zeit zu nehmen und den ganzen Körper, inklusive der äußeren und inneren Geschlechtsorgane, mit großer Achtsamkeit zu erkunden. Zuerst allein, dann gegenseitig.
Einfach nur spüren…
Wann hast du zum letzten Mal deine flache Hand auf deine Vulva gelegt und einfach nur die Wärme und Weichheit der Haut gespürt? Hast dahin geatmet, dich entspannt, die Berührung genossen? Noch nie? Das ist eine Art, deiner Weiblichkeit eine neue Form der Aufmerksamkeit zu schenken.
Nach ein paar Minuten kannst du alle Bereiche deiner Vagina vorsichtig mit den Fingern erkunden, kannst spüren, an welchen Stellen sie sich weich und warm anfühlt und wo es druck- und schmerzempfindliche Regionen gibt. Diesen Stellen kannst du besondere Aufmerksamkeit widmen, indem du deine Finger dort verweilen lässt und sanften Druck ausübst, bis das Gewebe nachgibt und die Verspannung sich löst. Je nach Grad der Verspannung braucht es wahrscheinlich mehrere Anläufe.
Wenn du dich selbst oder deinen Partner berührst, geht liebevoll und achtsam mit euren Genitalien um. Das heißt nicht, dass man einen Penis nicht auch einmal kräftig anfassen kann, aber nie unsanft oder gar grob. Auch eine ausreichend erregte und feuchte Vagina kann deutlichen Druck als sehr lustvoll erleben, wenn sie nicht mehr verspannt sondern weich und durchlässig ist.
Beim Liebesakt selbst können Vagina und Penis einander entspannen und heilen. Die warme, sanfte Umhüllung des Penis durch die Vagina schenkt ihm Geborgenheit und Frieden. Die langsame, achtsame Bewegung des Penis in der Vagina wirkt wie eine Massage, die das Gewebe lockert und alle Bereiche wieder zu Lust und Lebendigkeit erweckt.
Hab keine Scheu, Dir eine Yoni-Heilmassage zu gönnen!
Es gibt aber auch Menschen, die es sich zum Beruf gemacht haben, vaginale Verhärtungen und Verletzungen zu behandeln. Die ausgebildet und erfahren darin sind, das schmerzende Gewebe zu massieren, Verspannungen zu lösen und wieder angenehme Empfindungen in den taub gewordenen Bereichen hervorzurufen. „Frauenmassage“, „Yoni-Heilung“ oder „Schoßraumheilung“ nennt sich das.
Gerade rund um Schwangerschaft und Geburt erleben viele Frauen, dass sie von Frauenärzten und Hebammen wenig achtsam berührt und untersucht werden. Während der Geburt können dann noch ernsthafte Verletzungen hinzukommen, die genäht werden müssen. Es kann Jahre dauern, bis sich die Vagina von diesen Traumata erholt und wieder voll empfindungsfähig wird. In diesem Fall kann eine Schoßraumheilung, die von einer erfahrenen Masseurin durchgeführt wird, den Heilungsprozess großartig unterstützen und mithelfen, dass Sex bald wieder entspannt und vergnüglich möglich wird. Ich finde ja, dass jede Frau nach der Geburt eine vaginale Heilmassage auf Krankenschein bekommen sollte!
Eine Masseurin, die sich auf diese Art von Heilarbeit mit Frauen spezialisiert hat und in ihrem „Frauenheilraum“ in München Massagen, Hypnose- und Gesprächstherapie anbietet, ist Sabine Hartwig. Ich kann sie nur wärmstens empfehlen. Den Link auf ihre Website findest du hier. (Es gibt natürlich auch noch viele andere AnbieterInnen, die sich auf Yoni-Heilmassagen spezialisiert haben. Suche einfach nach den oben angegebenen Begriffen!)
Es sollte selbstverständlich sein, dass Frauen sich um ihre sexuelle Gesundheit, ihre Lust und ihre Empfindungsfähigkeit kümmern, und diesen Bereich ihrer Weiblichkeit nicht an Gynäkologen abtreten. Lasst uns forschen, experimentieren und Rat holen, wenn wir nicht mehr weiterkommen, lasst uns Erfahrungen austauschen und mit ExpertInnen sprechen. Weil wir es uns wert sind. Nicht nur, wenn es um Haarpflege und Kosmetik geht…
Foto: privat
Wow, wirklich toller Artikel! Du wirst immer besser…. 🙂
Vielen Dank für diesen tollen Text, den habe ich gleich geteilt! 🙂
Je mehr ich mich mit dem Thema befasse, desto skandalöser erscheint es mir, dass es immer noch so tabuisiert ist, sich mit der Lust zu beschäftigen. Wir wollen sie, wir brauchen sie, sie tut uns gut, sie macht uns gesund und vital – wo ist eigentlich das Problem??
Vielen Dank, liebe Hanna!
Dein letzter Artikel hat mir auch sehr sehr gut gefallen:
http://hannakrohn.de/eine-lanze-fuer-die-lust/
Herzlichen Dank für diese einfühlsame Darstellung diese immer noch so schamhaft besetzten Themas.
Ja, und wir haben Reflexzonen in der Vagina. Es gibt viel zu entdecken… Schön dass sich immer mehr Frauen austauschen. http://www.slowsex.at, Anita
Liebe Anita, ja, genau, das wäre bestimmt auch mal einen Beitrag wert! Lass uns mal darüber austauschen! Love, Bee
Das ist mal ein Artikel der außergewöhnlichen Art.Sehr interessant und lehrreich.Einfühlsam und weiter zu empfehlen.
Lieber Robinio, vielen Dank für Deinen Kommentar! Ja, gerne weiterempfehlen und teilen, Du findest mich auch auf http://www.facebook.com/mysexysalad!
Alles Liebe
Bee
Hat dies auf Bodyworker-Blog rebloggt.
Schöner Artikel! Ich habe in auf Facebook geteilt.
Vielen Dank!! Ich hab’s an den Zugriffszahlen der letzten Tage gemerkt…! 😉
Danke Brigitte, für diesen erfreulichen Artikel. Sehr wichtig finde ich, dass du das Thema Geburt und Frauenmassage hier zusammenbringst. Klasse und weiter so.
Ja, danke für diesen einfühlsamen, offenen Text- kann ich alles nur bestätigen -ich gebe ihn gerne weiter.